Unser 2-Wochen-Einsatz - 19. November - 03. Dezember 2022
Mit den Teilnehmern: Dr. Marcus Riccabona +, Erika Pühringer, Helga Ruprecht, Dr. Regina Stredele, Dr. Mazen Zaino, Dr. Johann Blasl, Dr. Ludwig Neuner, Jakob Neuner, Dr. Julia Gerzer, Dr. Benedikt Ebner, Sandra Mair, Dr. Felix Blasl-Kling, Doris Kalchmair, Angela Hüttenberger, Thomas Koob und Dr. Fried Mittendorfer
Marcus, Hans, Erika, Doris, Helga und Fried fahren gemeinsam mit dem Autobus der Firma Heuberger von Wels über Linz nach Wien zum Flughafen und treffen dort Julia und Mazen, der aus Zürich kommt. Wir fliegen mit „Aethiopian Airline“ via Addis Ababa nach Asmara. In Addis kommen noch die Kollegen Felix und Thomas aus Frankfurt dazu. Um 11 Uhr erreichen wir den Flughafen Asmara mit dem kompletten Team von 10 engagierten Teammitgliedern, doch hier erleben wir einen großen Schock, weil keines unserer 19 Gepäckstücke – mit medizinischem Material und privaten Koffern – mitgekommen ist. So geht es in das „Sunshine Hotel“ und nach einem kurzen Stopp in das IOCCA, wo wir bereits von lieben Freunden wie Fetle, Amaresh, Szegay und Tesfamariam erwartet und freudig begrüßt werden. Wir beginnen das Screening um 1400 Uhr mit 35 Kindern für die OP-Planung und begutachten 16 Kindern im Steinraum. Am Abend fahren wir umsonst nochmals zum Airport und wir werden auf den nächsten Tag, wo 2 Maschinen aus Addis ankommen, vertröstet. Unser Problem, wir haben lediglich unsere angezogene Kleidung, keine Wasch- und Hygieneutensilien und vor allem nicht das dringend notwendige Material, so gilt es zu improvisieren. Als Abschluss in unserem Hotel Abendessen und bald zu Bett.
Der Montag sieht einen sehr ambitionierten OP-Plan mit 8 Operationen. Operateure sind Marcus und Mazen und 2 junge die tüchtigen jungen eritreische Jungärzte Dr. Vibib und Dr. Janette. Hans und Julia machen die Narkose mit 2 jungen Narkose-Studenten und Szegei. Es werden 5 ESWL-Steinbehandlungen durchgeführt. Auf „Ward 4“ die erste Visite mit den beiden sehr erfahrenen und umsichtigen Kinderkranken-Schwestern Angela und Erika und Mazen und Marcus. Ab 14 Uhr ist Ambulanz, die Marcus mit Fried durchführt und insgesamt 35 Kinder begutachtet. Dann können endlich am späten Nachmittag zumindest 4 wichtige Gepäckstücke mit Instrumenten und Werkzeugen für die Reparatur des Lithotripters abgeholt werden. Es fehlen aber weiterhin 15 Stück und wir hoffen auf den morgigen Tag. Gemeinsam zu Abend im Restaurant „La Plaza“ gegessen, nach einer kurzen vorherigen Besprechung und dem fast schon zur Routine gewordenen „Zibib“ in unserem Hotel und müde in die Betten.
Am Mittwoch um 06 Uhr laufen Julia, Helga, Marcus, Hans und Fried die gewohnte Runde. Dann leider kalt geduscht, gefrühstückt und um 0800 Uhr mit dem Bus in das IOCCA, wo bereits die Kinder warten. Wir haben 8 Operationen am Plan und 4 ESWL-Behandlungen. Um 1300 Uhr beginnt die Ambulanz, bei der Marcus wieder 39 Kinder begutachtet und wir viele Termine für die nächsten beiden Einsätze vergeben. Trotzdem ist die Warteliste noch sehr lange. Und um 15 Uhr endlich die ersehnte Lieferung unserer 9 Kisten, die Amaresh und Fetle beim Ministerium gegen unsere Stückliste abholen können. Die Freude ist riesengroß und es wird gleich eingeräumt.
Das Team der ersten Woche geht trauernd in das Hotel und bereitet den Rückflug für 18 Uhr vor, sie werden um 1630 Uhr vom Hotel abgeholt. In der Zwischenzeit sind Fried und Helga stundenlang mit dem mittlerweile auch beigezogenen Honorarkonsul der Republik Österreich, der uns zumindest transportiert und telefonische Hilfe gibt, da es keine internationale Mobilverbindung gibt. Es müsste offiziell eine SIM-Karte beantragt und gekauft werden, um in Eritrea telefonieren zu können. Da wir die Kanzlerin und derzeitige vertretende Botschafterin – derzeit ist ein Wechsel und der neue Botschafter ist leider noch nicht in Eritrea akkreditiert – Ingeborg Beggel, mit der wir bei jedem Einsatz Kontakt und Hilfe erfahren hatten – schon sehr gut kennen, fahren wir zu ihr in die Deutsche Botschaft, wo wir dann Stunden mit Diskussionen über den richtigen Sarg und Überführung – die das Gesundheitsministerium bezahlen wird – miterleben müssen und die „Ethiopian Airline“ Marcus nicht zurückfliegen kann: lapidar: sie fliegen so ein „Cargo“ nicht zurück. Daher Versuch bei „Turkish Airline“, wo sehr kühl und unfreundlich behandelt werden, weil wir zuerst Leichenpass, Reisepass, Transportschein und noch weiteren Bestätigungen benötigen und bekommen keinen Termin für Marcus Heimflug. Zudem ist auch das Wochenende, wo nichts „passiert“. Wir sind wie gelähmt. Dann die schmerzlichen Anrufe mit der Gattin und den Kindern und der Polizeistation in St. Gilgen etc. Den Abend verbringen wir dann zu Dritt in unserem Hotel und müssen warten, warten. Am Samstag gehen wir zu Dritt den Weg zurück zum Hospital und suchen nach dem Ort des Sturzes von Marcus und seiner Brille, die nicht auffindbar ist. Dann machen wir einige nachträgliche Dokumentationen und Erledigungen in der Klinik, weil am Freitag einfach alles liegen geblieben war. Es besteht unser Wunsch mit den einheimischen Schwestern, Marcus in der Prosektur zu besuchen und zu „begreifen“, es unfassbar und unglaublich. Und immer wieder Hilfsangebote der Einheimischen von Dr. Habteab und dem Ministerium. Am Abend essen wir zu dritt im Restaurant „Laza“ zu Abend und gehen ermüdet und traurig zu Bett.
Der Dienstag beginnt für alle um 05:15 Uhr mit gemeinsamem Gang zur nahegelegenen katholischen Kirche, wo von Amaresh eine Messe für Marcus bezahlt wird und eine sehr würdige und fast meditative Messe miterleben dürfen und jeder von uns zündet eine kleine Kerze für Marcus an. Dann Frühstück, wo wir auch mit Dr. Schwidtal Peter viele Dinge besprechen können. Dann Fahrt in das IOCCA und Beginn mit dem geplanten OP-Programm von 4 Punkten und 3 Steinbehandlungen und 10 ambulanten Behandlungen. Hans und Marcus N. fahren mit dem universitären Narkoselehrer Quattro in das nächste Krankenhaus „Halibed“ und führen dort die nächsten Tage ein Teaching über die Anästhesie vor 12 einheimischen Studenten durch. Tagsüber mehrmals telefonische Konsultationen mit der Deutschen Botschaft und dem Österreichischen Konsul in Eritrea über den Stand des Heimfluges von Marcus. Amaresh und Fetle kleiden dann Marcus mit seinen Kleidern und bereiten den Transport vor, der dann um 16 Uhr zum Flughafen geht und mit „Turkish Airline“ heim nach Wien fliegt und am Mittwoch ankommt. Um 18 Uhr verlassen die letzten Teammitglieder nach einem langen Tag die Klinik und begeben sich direkt in das Restaurant „Ghibabo“, wo wir noch eine kurze Besprechung machen, wobei Fried dem Team für deren großartige Arbeit dankt, vor allem den beiden jungen Kollegen Benedikt und Jakob für deren Engagement dankt.
Am Mittwoch um 06 Uhr gemeinsames Laufen mit Helga, Benedikt, Hans und Fried in einen wunderschönen Morgen mit Sonnenaufgang, dann Frühstück. Leider ist Marcus N. erkrankt und klagt über Fieber und Schmerzen, sodass er einen Ruhetag nehmen muss. Um 08 Uhr in die Klinik, wo die Schwestern Sandra und Doris gemeinsam mit Jakob Visite auf „Ward F“ im sogenannten „Chinesentrakt“ machen und die erste Operation beginnt. Für heute sind 5 TIP und 1 Meatotomie sowie 3 Steinbehandlungen geplant. Peter Schwidtal, der Chef von ArcheMed übergibt dem Team eine Einladung für einen großen Empfang in der Residenz der Deutschen Botschaft aus Anlass der von ArcheMed geplanten und mit Hilfe von Senta Berger – die auch bei der Eröffnung am 1.12.2022 dabei ist – finanzierten neuen Geburtsklinik in Keren am Freitag um 18 Uhr, zeitglich fliegen wir jedoch leider wieder nach Hause. Ein Teil der Mannschaft besucht dann den wunderbaren eritreischen Markt, um etwas Obst und kleine Geschenke zu besorgen. Der Rest der Mannschaft verlässt das IOCCA gegen 18 Uhr, um dann noch eine kurze Besprechung im Hotel zu machen und dann mit dem Taxi in das sehr schöne Restaurant „Girokasta“ in der Nähe des Flughafens und zum Abschluss noch ein gemeinsamer kurzer Gedankenaustausch mit „Zibib“ und dann ab in das Bett.
Am Freitag gibt es nochmals eine Laufrunde und nach dem Frühstück in die Klinik mit Visite auf „Ward F“ und Übergabe unserer Patienten an die einheimischen Ärzte und Schwestern und dann warten noch 2 Operationen und 8 Kontrollen im Steinraum.
Dr. Marcus RICCABONA am 25. November 2022 verstorben